Die erste Palmbacher Kirche 1725 bis 1906
Das erste Palmbacher Kirchlein wurde 1725 erbaut
Chronik der ersten Kirche
Die protestantischen Waldenser kamen Anfang Mai1701 in Grünwettersbach an. Ob die 28 Familien mit 111 Personen im ersten Jahr bei ihrer Einquartierung im Ort Grünwettersbach die lutherische Kirche nutzen durften ist nicht bekannt. Dies ist jedoch recht unwahrscheinlich. Im Frühjahr 1702 wurde die Waldenserkolonie Palmbach gegründet. Es wurde mit dem Bau von Baracken für Mensch und Vieh begonnen. Bis zum Bau ihrer ersten Kirche fanden die Gottesdienste in den Baracken oder Scheunen der Einwohner der neuen Waldenserkolonie Palmbach statt. Da sie anfangs nur das Allernötigste hatten, das, was sie aus ihrer Heimat mitgebracht hatten, war an den Bau einer Kirche zunächst nicht zu denken. Es hofften auch viele an die Rückkehr in ihre alte Heimat. Mit Jacques Resplandin kam im März 1722 der erste Geistliche nach Palmbach, der auch hier wohnte. Er gab schon zum 28. Februar 1725 seine Tätigkeit in Palmbach wieder auf und wurde Pfarrer in Mörfelden-Walldorf.
Bereits bei der Planung und Vermessung des neuen Ortes, im Frühjahr 1702, wurden die Plätze für die Kirche mit Pfarrhaus, für den Friedhof und für das Schulhaus festgelegt. Damals wurden die Kirchengebäude von den Waldensern Tempel genannt. Der Platz für die Kirche wurde genau im Mittelpunkt der neuen Gemarkung festgelegt. So sind es heute jeweil 550 Meter von der Kirche zur Gemarkungsgrenze nach Grünwettersbach und zur Gemarkungsgrenze nach Stupferich. Nachdem die Gemeinde ein herzogliches Patent zur Durchführung einer Kollekte in der Schweiz und den Niederlanden bewilligt bekam, konnte der Bau einer Kirche gesichert werden. Die erste Reise der Kollektoren Jean Jourdan (Schultheiß und Ältester) und Pierre Bonin in die Schweiz im Dezember 1724 erbrachte einen Gewinn von 324 Gulden und 9 Kreuzern. Die zweite Reise in die Generalstaaten war etwas erfolgreicher und ermöglichte nicht nur die Finanzierung des Kirchenbaus, sondern auch den Bau des kurz darauf errichteten Pfarrhauses sowie eine Reserve von 150 Gulden für den späteren Bau eines Schulhauses. Zwei Drittel der Gelder blieben in Palmbach, ein Drittel wurde für die Mutschelbacher Kirche verwendet.
Nach 25 Jahren wird die erste Kirche gebaut
Nachdem der Kostenvoranschlag des Busenbacher Zimmermanns Nikolaus Nußbaumer, in Höhe von 324 Gulden und 20 Kreuzern im Akkord, durch den herzoglichen Kirchenrat genehmigt wurde, konnte mit dem Bau begonnen werden. Für den Bau wurden zusätzlich 28 Wagen Sand und 200 Wagen Steine benötigt, die als Frohnkosten finanziert wurden. Dies war wenige Wochen vor der Amtsübernahme des neuen Pfarrers Théodoric Aubert am 12. August 1725. Die feierliche Grundsteinlegung fand am 11. Juli 1725 statt, und bereits am 25. November desselben Jahres konnte die Weihe des fertiggestellten Kirchleins gefeiert werden. Innerhalb dieser kurzen Zeit, wurde mit den wenigen Hilfsmittel damaliger Zeit, die schlichte Kirche mit hohem Satteldach und dreiseitigem Chorschluss gebaut. Scipion Arnaud, der Sohn des verstorbenen Henri Arnaud, nutzte diesen Anlass, um der Gemeinde ihren neuen Pfarrer offiziell vorzustellen.
Die Waldenserkirche Palmbach 1906 bis heute
Die Waldenserkirche in Palmbach – Geschichte einer besonderen Dorfkirche
Die Waldenserkirche im Karlsruher Stadtteil Palmbach ist weit mehr als ein Gotteshaus: Sie ist das sichtbare Zeugnis einer außergewöhnlichen Ortsgeschichte. Ihre Entstehung und Entwicklung spiegelt die Geschichte der Waldenser wider, die aus Glaubensgründen aus ihrer Heimat in den piemontesischen Alpen flohen und hier in Baden ein neues Zuhause fanden. Besonders seit 1906 zeigt sich, wie stark sich das Gemeindeleben um diese Kirche entfaltet hat und wie sie trotz Kriegszerstörungen immer wieder zu einem Ort des Zusammenhalts geworden ist.
Die Zeit des Aufbruchs: Neubau zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Schon Ende des 19. Jahrhunderts war die alte Fachwerkkirche aus dem Jahr 1725 baufällig geworden. Pfarrer Gotthilf Wilhelm Camerer gründete deshalb 1883 einen Kirchenbaufonds, dem 1895 unter Pfarrer Friedrich Schweickert ein Orgelbaufonds folgte. Unter Pfarrer Gustav Meerwein gelang es schließlich, bis 1905 rund 20.000 Mark für den geplanten Kirchenneubau anzusparen.
Damals hatte Palmbach nur etwa 391 Einwohner, doch der Wunsch nach einer schönen, größeren Kirche war groß. Im November 1905 fertigte Baurat Rudolf Burckhardt die Pläne für ein neugotisches Gotteshaus an. Bereits am 15. Januar 1906 wurde das Projekt öffentlich ausgeschrieben, am 2. Februar die Baugenehmigung erteilt. Noch im April 1906 begann der Abriss der alten Kirche. Während der Bauzeit fanden die Gottesdienste vorübergehend im Bürgersaal des Rathauses statt.
Am 22. April 1906 legte man feierlich den Grundstein, und schon am 28. Oktober konnte die neue Kirche eingeweiht werden. Der Bau ist ein neugotischer Saalbau aus rotem, einheimischem Sandstein, ausgestattet mit einem imposanten, 37 Meter hohen Turm. Über dem Hauptportal prangt das Waldenserwappen mit dem Wahlspruch „Lux lucet in tenebris“ – „Das Licht leuchtet in der Finsternis“ –, der sinnbildlich für die Geschichte dieser Glaubensflüchtlinge steht.
Im Innern der Kirche wurden zwei wertvolle Holztafeln von 1725 aufgehängt. Sie stammen noch aus der alten Kirche und zeigen die Zehn Gebote in französischer Sprache – ein Hinweis auf die ursprüngliche Muttersprache der Gemeinde.
Aufbau des Gemeindelebens und weitere Entwicklungen
1914 wurde unter Pfarrer Max Walter Haag direkt neben der Kirche ein neues Pfarrhaus gebaut. Schon 1926 erfolgte die nächste Renovierung: Die Kirche bekam eine elektrische Beleuchtung, was damals ein bedeutender Fortschritt war.
Palmbach war immer eine kleine, aber lebendige Gemeinde. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hielt man hier fest zusammen. Während Pfarrer Hermann Zwecker im Krieg als Divisionsgeistlicher diente und anschließend bis Ende 1949 in russischer Kriegsgefangenschaft war, wurde die Kirche durch einen Bombenangriff am 4. Dezember 1944 beschädigt. Der Chor und die Sakristei sowie ein Emporenfenster wurden dabei stark zerstört. Zwischen 1946 und 1948 leitete Vikar Walter Heidegger aus Grünwettersbach den Wiederaufbau. Dabei erhielt die Kirche auch erstmals eine Heizung. 1949 wurden neue Glasfenster eingebaut: Im Chor ist heute die Szene von Gethsemane zu sehen, an der Empore eine Darstellung der „Waldenser bei der glorreichen Rückkehr 1689“.
Am 1. Advent 1949 feierte die Gemeinde schließlich die Wiedereinweihung ihrer Kirche. Ein Jahr später, am 22. Oktober 1950, konnte man beim sogenannten Glockenfest drei neue Glocken weihen lassen, die wieder feierlich zum Gottesdienst riefen.
Von der Nachkriegszeit bis heute: Erhaltung und neue Akzente
Die nächsten Jahrzehnte waren geprägt von stetiger Pflege und Anpassung an die Bedürfnisse der Gemeinde. Unter Pfarrer Berthold Augenstein wurde 1974 der Betsaal zu einem vielseitigen Gemeinderaum umgebaut. 1978 bis 1981 modernisierte der Orgelbauer Georges Heintz die bestehende Steinmeyer-Orgel.
1990 errichtete man ein modernes Gemeindehaus, das Platz für Gruppen, Feste und Veranstaltungen bietet. Anfang der 2000er Jahre stand wieder eine große Innenrenovierung an: Neuer Boden, moderne Beleuchtung und eine stilgerechte Möblierung verliehen dem Kirchenraum neuen Glanz, ohne dabei sein historisches Erscheinungsbild zu verändern.
Ein besonderer Fund gelang 2003: Bei Arbeiten im Speicher des Pfarrhauses entdeckte man eine alte Waldenserbibel von 1738 in französischer Sprache. Sie gilt heute als wertvolles Kulturgut und wird zu besonderen Anlässen gezeigt.
Die Waldenserkirche als Ort der Erinnerung und Begegnung
Heute ist die Waldenserkirche nicht nur ein Ort für Gottesdienste, sondern auch ein Zentrum für Konzerte, Ausstellungen und Führungen. Im Dorf erinnert zudem der „Waldenserweg“ – ein Themenpfad mit Infotafeln – an die Geschichte der Glaubensflüchtlinge. Seit 2024 organisiert der neu gegründete Waldenserverein Palmbach Vorträge, Führungen und Fotoausstellungen. Für Juli 2025 ist beispielsweise eine große Ausstellung mit historischen Aufnahmen der Kirche geplant.
Damit bleibt die Waldenserkirche in Palmbach lebendig – ein Denkmal für den Glauben und den Mut der Vorfahren, ein kultureller Treffpunkt und ein Symbol für die Kraft der Gemeinschaft. Sie steht wie kaum ein anderes Gebäude dafür, dass „das Licht in der Finsternis leuchtet“ – ganz im Sinne ihres alten Wahlspruchs. Bis heute spüren Besucher hier nicht nur Geschichte, sondern auch den lebendigen Geist einer Gemeinde, die stolz auf ihre Wurzeln ist und zugleich offen für Neues bleibt.
Zeitleiste – Waldenserkirche Palmbach
- 1883
Gründung eines Kirchenbaufonds durch Pfarrer Gotthilf Wilhelm Camerer zur Erneuerung der baufälligen Fachwerkkirche. - 1895
Gründung Orgelbaufond durch Pfarrer Friedrich Schweickert. - bis 1905
Unter Pfarrer Gustav Meerwein werden rund 20.000 Mark für den Kirchenneubau angespart. - 1905
Palmbach hat 391 Einwohner.
Im November: Entwurf der neuen Kirche durch Baurat Rudolf Burckhardt im neugotischen Stil. - Januar 1906
Öffentliche Ausschreibung des Kirchenbaus in den Tageszeitungen - Februar 1906
Die Baugenehmigung wird erteilt. - Anfang April 1906
Baubeginn der neuen Kirche.- Abriss der alten Fachwerkkirche aus dem Jahre 1725.
- Übergangslösung: Gottesdienste im Bürgersaal des Rathauses.
- 22. April 1906
Feierliche Grundsteinlegung der neuen Kirche.
Anfang Mai war das Sockelmauerwerk und Mitte Juli der Rohbau fertig gestellt
Da die alte Kirche nach der Grundsteinlegung abgebrochen worden war, fand der Gottesdienst bis Ende Oktober im Bürgersaal des 1902 erbauten Rathauses statt. - 28. Oktober 1906
Einweihung der neuen Kirche durch Pfarrer Gustav Meerwein.- Bauweise: Neugotischer Saalbau aus rotem, einheimischem Sandstein mit 37 m hohem Turm.
- Ausstattung: Holztafeln von 1725 (französisch), Waldenserwappen mit Wahlspruch „Lux lucet in tenebris“ über Hauptportal.
- 1914
Neubau des Pfarrhauses durch Pfarrer Max Walter Haag - Dezember 1932
Glockenweihe einer neuen großen Friedensglocke, als Ersatz für die im Ersten Weltkrieg eingeschmolzene. (Pfarrer Diebold Schnebel) - Dezember 1944
Bombenangriff beschädigt Chor und Sakristei stark sowie östlichen Emporenfenster. (Pfarrer Hermann Zwecker war als Divisions-Geistlicher im Krieg.) - 1946 - 1948
Wiederaufbau und Umgestaltung der Chorwand sowie der Sakristei und Einbau einer Heizung unter Vikar Walter Heidegger. - 1949
Neue Glasfenster „Gethsemane“ im Chor und „Waldenser bei der glorreichen Rückkehr 1689“ bei der Empore. Geschaffen von H. Wagner (Durlach). - Advent 1949
Wiedereinweihung der Kirche nach Kriegszerstörung. Pfarrer Zwecker war von 09.04.1945 bis 31.12.1949 in russischer Kriegsgefangenschaft. - Oktober 1950
Glockenfest, Weihe der drei neuen Glocken mit Pfarrer Hermann Zwecker. - 1974
Kirchenrenovierung unter Pfarrer Berthold Augenstein. Der Betsaal wird zu einem Gemeinderaum ausgebaut. - 1978 - 1981
Umbau der bestehenden Steinmeyer-Orgel durch Orgelbauer Georges Heintz. (Pfarrer Berthold Augenstein) - 1990
Errichtung eines modernen Gemeindehauses mit Mehrzweckräumen für Gruppen und Veranstaltungen unter Pfarrer Hans Jürgen Herrmann. - 2001 - 2002
Große Innenrenovierung: neuer Boden, Beleuchtung, Mobiliar – historisches Erscheinungsbild bleibt erhalten. (Pfarrerin Ruth Nakatenus) - 2003
Bei Renovierungsarbeiten im Pfarrhaus wird im Speicher eine alte Waldenserbibel von 1738 in französischer Sprache entdeckt.
Die Orgeln der Palmbacher Kirchen
Orgelhistorie 1725 bis heute
Die „Steinmeyer-Heintz-Orgel“ der Waldenserkirche Palmbach
Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Eine solche Königin steht auch in der Waldenserkirche in Palmbach: die sogenannte „Steinmeyer-Heintz-Orgel“, deren Geschichte bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreicht.
Drei Orgelgenerationen in Palmbach
Bereits 1821 erhielt die Waldensergemeinde ihre erste Orgel. Mit dem Neubau der Waldenserkirche 1906 wurde dieses Instrument ausgemustert und durch eine neue Orgel der renommierten Orgelbaufirma G. F. Steinmeyer & Co. aus Oettingen ersetzt. Das neugotische Gehäuse aus dieser Zeit prägt bis heute das Erscheinungsbild der Orgel und ist über 100 Jahre alt.
Neubau unter Verwendung historischer Substanz
Ende der 1970er Jahre zeigte die Steinmeyer-Orgel starke Verschleißerscheinungen. Der Orgelsachverständige Trötschel riet von einer Generalüberholung ab und empfahl stattdessen einen Neubau unter Erhaltung der wertvollen Teile. Unter Pfarrer Bertold Augenstein wurde dieses Projekt umgesetzt: 1979 schloss man mit der Firma Georges Heintz (Schiltach) einen Vertrag über den Bau eines neuen Instruments, das 1981 fertiggestellt und feierlich eingeweiht wurde. Der bekannte Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel aus Potsdam konnte dafür gewonnen werden – eine kleine Sensation, da seine Ausreisegenehmigung aus der DDR bis zuletzt unsicher war.
Technische Details und Klangaufbau
Die heutige Orgel ist eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu:
- Sie umfasst 16 Register auf zwei Manualen und Pedal.
- Insgesamt wurden acht Register aus der alten Steinmeyer-Orgel übernommen, wodurch die klangliche Tradition gewahrt blieb.
- Das 1. Manual enthält sechs Register, darunter Teilwerke wie die geteilte Sesquialtera (Quinte 2 2/3‘ und Terz 1 3/5‘) sowie die Mixtur.
- Im 2. Manual sind ebenfalls sechs Register angelegt, darunter die in Oktave 1‘ und Zimbel 3f aufgeteilte Zimbel. Auch hier stammen vier Register aus der Steinmeyer-Zeit.
- Ein Tremulant sorgt für den charakteristischen „zitternden“ Klang.
- Das Pedalwerk verfügt über vier Register, wovon drei historische Steinmeyer-Register sind und nur die Trompete 8‘ von Heintz neu gefertigt wurde.
- Über drei Koppeln lassen sich die Manuale und das Pedal flexibel miteinander verbinden.
Von Radial- zu Parallelpedal
Ursprünglich war die Orgel mit einem sogenannten Radialpedal ausgestattet, bei dem die Pedaltasten fächerförmig angeordnet sind. Ende der 1990er Jahre wurde zusätzlich ein Parallelpedal eingebaut, da in der benachbarten Kirche in Stupferich ebenfalls ein Parallelpedal vorhanden ist und so ein schneller Wechsel für Organisten erleichtert wird.
Ein klingendes Denkmal
Reinhold Härdle, der viele Jahre den Organistendienst an dieser Orgel versah und eine ausführliche Geschichte der Palmbacher Orgeln verfasste, wies treffend darauf hin, dass das Instrument eigentlich „Steinmeyer-Heintz-Orgel“ heißen müsse. Denn wesentliche Teile, insbesondere die klangprägenden Pfeifen und das Gehäuse, stammen noch aus der Zeit von 1906.
So erklingt diese Orgel Sonntag für Sonntag Soli Deo Gloria – allein zur Ehre Gottes.
Quellen:
Hochschild, Thomas (2024)
Härdle, Reinhold (2012). Über die Orgeln der Evangelischen Waldensergemeinde Karlsruhe-Palmbach im 19. und 20. Jahrhundert.
Die Glocken der Palmbacher Kirchen
Die Glocken der Waldenserkirche in Palmbach – Klangvolle Botschafter von Glaube, Hoffnung und Liebe
Glockenchronik 1725 bis heute
Die Waldenserkirche in Palmbach steht nicht nur für die bewegte Geschichte einer Glaubensgemeinschaft, sondern auch für gelebte Tradition und Heimat. Einen besonderen Platz in diesem Erbe nehmen die Glocken ein. Sie begleiten das Leben der Gemeinde von Taufe bis zur Beerdigung, rufen zum Gebet, verkünden den Sonntag und tragen ihre Botschaften weit über den Ort hinaus.
Frühe Anfänge und kaiserliche Geschenke
Bereits in der ersten kleinen Kirche aus dem Jahr 1725 hing eine Glocke, die die Gläubigen zum Gottesdienst und Gebet rief. Da diese Glocke 1832 einen Sprung bekam, wurde sie eingeschmolzen und daraus eine neue Glocke gegossen.
Ein besonderes Ereignis war die 200-Jahrfeier der Waldenser im Jahr 1901: Sie wurde in Palmbach groß gefeiert, sogar Großherzog Friedrich I. von Baden und seine Gemahlin nahmen daran teil. Als Zeichen seiner Wertschätzung schenkte der Großherzog der Gemeinde eine neue Glocke, da die alte schon länger kaputt war.
1906 entstand unter Pfarrer Gustav Meerwein die heutige neugotische Kirche. Ihr neuer Turm erhielt drei Glocken, sodass die Gottesdienste und das tägliche Leben wieder vom festlichen Geläut begleitet werden konnten. Für die neuen Glocken trat man mit den Glockengießereien Gebrüder Bachert in Karlsruhe und Rincker in Sinn-Nassau in Verbindung. Den Auftrag erhielt schließlich die Firma Bachert für ein dreistimmiges Glockengeläut in f–as–c mit mittlerer Rippe zum Preis von 3.824 Mark.
Kriegsjahre und Verluste
Wie viele andere Gemeinden musste auch Palmbach in den Wirren des Ersten Weltkriegs (1914–1918) Opfer bringen: Zwei Bronzeglocken wurden eingeschmolzen, nur eine blieb erhalten. Doch bereits 1923 konnte dank großer Anstrengungen eine neue Bronzeglocke bei der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe erworben werden. Als die Gemeinde zum 1. Mai 1923 die Anschaffung einer kleinen Glocke beantragte, dürfte die Kirchenbauschuld aus dem Jahre 1906 getilgt gewesen sein. Am 27. November 1932 schließlich wurde unter Pfarrer Diebold Schnebel die neue große Friedensglocke feierlich geweiht – ebenfalls von Gebr. Bachert gegossen, als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzene Glocke.
Leider wiederholte sich die Geschichte. Zehn Jahre später, im Winter 1943, zog die Reichsregierung erneut die Palmbacher Glocken ein, um sie für Kriegszwecke einzuschmelzen. So blieb während des Zweiten Weltkriegs nur die kleine Henri-Arnaud-Glocke aus dem Jahr 1923 auf dem Turm erhalten. Sie trägt bis heute die Inschrift: „Über der Heimat liegt Not und Leid. Herr, lass mich künden bessere Zeit.“
Ein Dorf sammelt für neue Glocken
Als Pfarrer Hermann Zwecker aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, machte er es sich zur Aufgabe, wieder ein vollständiges Geläut zu beschaffen. In alten Unterlagen ist nachzulesen, wie engagiert die ganze Gemeinde dabei mithalf. Im August 1950 fand ein großes Glockenfest statt, das mit einem Festgottesdienst begann und bei dem eine erhebliche Spendensumme gesammelt wurde.
Besonders hervorzuheben ist der Palmbacher Schuhfabrikant Walter Tron, der zwei neue Glocken stiftete. So konnten drei neue Gußstahlglocken bei der Bochumer Verein für Gußstahlfabrik bestellt werden. Am 22. Oktober 1950 wurden sie feierlich geweiht – verbunden mit dem Wunsch: „Glaube, Hoffnung, Liebe und Treue sollen unsere Glocken ins Land rufen.“
Die Glocken im Einzelnen "Vier Glocken - vier Botschaften"
Die Tagesglocke
Sie trägt die Inschrift:
„BLEIBET FEST IN DER LIEBE“
dazu das Symbol eines Kreuzes auf einem Herzen.
Ihr Klang ertönt im b′-Ton, sie wiegt 357 kg bei einem Durchmesser von 94 cm, Anschläge je Minute: 58
Gießer: Bochumer Verein 1950
Die Tagesglocke läutet alleine zur Mittags- und Nachmittagszeit.
Die Betglocke
Die Betglocke ruft am Morgen, Abend und beim Vaterunser zum Gebet.
Sie trägt das Waldenserwappen und die Worte:
„LUX LUCET IN TENEBRIS“
(„Das Licht leuchtet in der Finsternis“).
Am unteren Rand ist eingraviert:
„Mich hat Walter Tron in Bamberg seiner Heimatkirche in Palmbach geschenkt.“
Ihr Klang erklingt im as′-Ton, sie wiegt 506 kg bei 105 cm Durchmesser, Anschläge je Minute: 55
Gießer: Bochumer Verein 1950
Die Totenglocke
Die größte Glocke ist der Trauer und Erinnerung gewidmet. Sie trägt die Inschrift:
„NICHTS SEI STÄRKER ALS EUER GLAUBE.“
und das Symbol des Kreuzes auf einem Felsen.
Auch sie verweist auf den Spender Walter Tron.
Sie klingt im f′-Ton, wiegt 840 kg und hat einen Durchmesser von 125 cm, Anschläge je Minute: 51
Gießer: Bochumer Verein 1950
Die Henri-Arnaud-Glocke
Inschrift: ÜBER DER HEIMAT LIEGT NOT UND LEID. HERR, LASS MICH KÜNDEN BESSERE ZEIT
Die kleine Bronzeglocke von 1923 dient heute als Taufglocke und läutet bei Segnungen. Sie klingt im c″-Ton.
Ihr Gewicht beträgt 270 kg, der Durchmesser 78 cm; Anschläge je Minute: 64
Gießer: Bachert, Karlsruhe 1923
Zusammenspiel und Tradition
Alle vier Glocken zusammen erklingen zu Gottesdiensten, Hochzeiten, Beerdigungen und läuten am Samstagabend den Sonntag ein. Durch die besonderen Klangarkaden des Kirchturms wird ihr Klang weit durch den Ort getragen – eine klingende Verbindung von Geschichte und Gegenwart.
Ein Erbe, das weit klingt
So sind die Glocken der Waldenserkirche in Palmbach weit mehr als schmückende Ausstattung. Sie sind klangvolle Botschafter der Werte, auf denen die Gemeinde gegründet ist: Glaube, Liebe, Hoffnung und Treue. Sie erzählen von den Höhen und Tiefen einer bewegten Geschichte – und geben ihr bis heute Stimme und Widerhall.
Zeitleiste
Die Glocken der Waldenserkirche Palmbach - Klangvolle Zeugen unserer Geschichte
- 1725
Erste kleine Waldenserkirche mit einer Glocke errichtet. - 1832
Die beschädigte Kirchenglocke mit Sprung wurde eingeschmolzen und daraus eine neue Glocke gegossen. - 1901
200-Jahrfeier der Waldenser in Palmbach.
Großherzog Friedrich I. schenkt eine neue Glocke. - 1906
Bau der heutigen Kirche unter Pfarrer Meerwein.
Turm erhält drei neue Branzeglocken. - 1914–1918 (Erster Weltkrieg)
Zwei Glocken müssen abgegeben und eingeschmolzen werden. - 1923
Neue Bronzeglocke bei Bachert in Karlsruhe gegossen. - 1932
Eine weitere Glocke ergänzt das Geläut. - Winter 1943 (Zweiter Weltkrieg)
Zwei Glocken werden eingezogen und eingeschmolzen. Nur die kleine „Henri-Arnaud-Glocke“ von 1923 bleibt erhalten. - 1949
Wiederaufbau der im Krieg beschädigten Kirche. - 1950
Glockenfest: Spenden und Stiftung durch Walter Tron ermöglichen drei neue Gußstahlglocken.
Am 22. Oktober feierliche Glockenweihe.
Motto: „Glaube, Hoffnung, Liebe und Treue sollen unsere Glocken ins Land rufen
Ausstellung: Wurzeln schlagen. Menschen und Pflanzen im Exil
Wanderausstellung „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“ vom 22.08. bis 14.09.2025 in Palmbach
Die Wanderausstellung „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“ macht Station in der Waldenserkirche Palmbach. Diese Ausstellung ist Teil einer umfassenden europäischen Präsentation, die unter dem Thema „Exil, Integration und Verwurzelung“ die Beiträge der glaubensflüchtigen Hugenotten und Waldenser zur Kulturgeschichte des Acker- und Gartenbaus sowie zur Ernährung und Kochkultur beleuchtet. Sie wurde vom Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. realisiert.
Ab Freitag, 22. August 2025 wird die Ausstellung in der Waldenserkirche zu besichtigen sein. Die Palmbacher Waldenser, einst arme Bergbauern aus dem Chisonetal, lebten von dem, was sie in den Bergen anbauen konnten. Als sie 1701 in Grünwettersbach und Untermutschelbach ankamen, brachten sie nicht nur ihre eigene Sprache und waldensisch geprägten Glauben mit, sondern auch neue kulturelle Bräuche und kulinarische Vorlieben. Die waldensischen und hugenottischen Flüchtlinge bereicherten ihre neuen Heimatregionen mit ihrer Esskultur.
Die Ausstellung „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“ erzählt von der Wechselwirkung zwischen europäischer Geschichte und der Entwicklung der Kulturlandschaft sowie der Alltagskulturen in Küche, Ernährung, Gartenbau und Landwirtschaft. Sie stellt zudem einen Bezug zu heutigen Aspekten der Integration über Küche und Essenskultur her.
Eröffnung der Ausstellung
Wir laden herzlich zur Eröffnung am Freitag, dem 22. August, um 18:00 Uhr in die Waldenserkirche ein. Die Ausstellung in der Waldenserkirche Palmbach, Talstraße 43, kann bis zum 14. September 2025 täglich von 10 bis 18 Uhr besucht werden. Die Termine für Führungen durch die Ausstellung werden noch bekanntgegeben. Wir laden Sie herzlich in die Waldenserkirche ein.
Im Rahmen des Tag des offenen Denkmals am 14. September 2025 ist ein Abschlussprogramm mit einem Gottesdienst, einer Kirchenführung und einer Führung am Waldenserweg stattfinden.
Alte Fotos gesucht
Für eine begleitende Fotoausstellung suchen wir alte Fotos aus Palmbach und unserer Region,
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