Straßennamen erzählen ihre Geschichte
"Die Henri-Arnaud-Straße"
In vermutlich allen Waldenserorten gibt es eine Henri-Arnaud-Straße oder einen Henri-Arnaud-Weg. Der Waldenserpfarrer Henri Arnaud (1643-1721) zählt zu den bekanntesten Führern der Waldenser. Er wurde in Embrun in der Dauphine im Südosten Frankreichs geboren. Die Familie verließ Frankreich um des Glaubens willen und wurde in La Tour (Torre Pellice) im Pellicetal ansässig. Dort besuchte Henri Arnaud die Lateinschule. Zum Studium ging er in die Schweiz und nach Holland. Dann wurde er Pfarrer in den Waldensertälern.
Bei der ersten Ausweisung 1685 und auch bei der zweiten Vertreibung 1698 setzte er sich unermüdlich für die Aufnahme der Waldenser in der Schweiz ein. Doch in der Schweiz war der Aufenthalt nur von kurzer Dauer. So war Henri Arnaud viel auf Reisen, um eine neue Heimat für die Vertriebenen zu finden.
Nach ihrer Vertreibung aus Piemont 1698 zogen rund 3000 Waldenser, unter Führung ihrer Pfarrer, aus dem Chisonetal zum zweiten Mal ins Exil und suchten von der Schweiz aus Aufnahme in Deutschland. Zu ihnen zählten Pfarrer Henri Arnaud, Pfarrer Jacques Papon und sechs weitere Pfarrer, die auf französischem Boden geboren waren und damit unter das Edikt von 1685 fielen.
Die ersten Verhandlungen über die Ansiedlung der Waldenser zwischen dem Landgrafen Friedrich II., dem niederländischen Generalbevollmächtigten Pieter Valkenier und den Waldenserpfarrern Jacques Papon und Henri Arnaud fanden im Oktober 1698 statt. Mit großer Sorgfalt bemühten sich die Pfarrer darum, dass die Flüchtlinge eine ausreichende Existenzgrundlage erhielten. Sie wollten erreichen, dass die Waldenser in Deutschland so leben konnten, wie sie es aus dem Chisonetal gewohnt waren. Sie forderten die Freiheit zur öffentlichen Ausübung ihrer eigenen Religion, Steuerfreiheit, Freiheit von der Leibeigenschaft, das Recht zur Ausübung niedriger Gerichtsbarkeit usw. Die Waldenser konnten ihre Forderungen durchsetzen, weil der niederländische Gesandte Pieter Valkenier sie diplomatisch unterstützte.
Nach der Ansiedlung in Württemberg 1699 wurde Henri Arnaud Pfarrer von Dürrmenz, der schwierigsten Waldenserkolonie, da mehrere Filialorte zu betreuen waren. In Schönenberg bei Mühlacker baute er sich ein Haus, das heute der 1936 gegründeten ,,Deutschen Waldenservereinigung" gehört und als Waldensermuseum eingerichtet wurde. Viele Besucher aus dem In- und Ausland kommen alljährlich zu dieser einzigartigen Stätte der Waldensergeschichte in Deutschland.
(Text teilweise von Kay Weidenmann, aus Festschrift "300 Jahre Waldenserort Nordhausen 2000", sowie Buch "300 Jahre Waldenser in Deutschland")